Frühschnitte im gesperrten Schutzgebiet
Auch in der Schonzeit erfordert der Artenschutz differenzierte Pflegemassnahmen, die das Ergebnis einer sorgfältigen Interessenabwägung sind. Dieser angebliche Widerspruch stösst zuweilen bei Laien auf Unverständnis.
Zwischen Linth- und Aabachmündung besteht ein Biodiversitäts-Hotspot, der als Flachmoor von nationaler Bedeutung den höchsten planerischen Schutz geniesst. Auch in der Schonzeit erfordert der Artenschutz differenzierte Pflegemassnahmen, die das Ergebnis einer sorgfältigen Interessenabwägung sind. Dieser angebliche Widerspruch stösst zuweilen bei Laien auf Unverständnis.
Von: Félix Brunschwiler, Gemeinde Schmerikon
Die Grosse Allmeind in Schmerikon ist ein Naturjuwel. Diese Rietfläche zwischen dem Linth-Nebengraben und dem Aabach ist als Flachmoor von nationaler Bedeutung mit der Nr. 195 nach den strengen Anforderungen des Natur- und Heimatschutzgesetzes geschützt. Der gesamte Schutzperimeter wird im Frühling und über die Sommermonate für Besucher gesperrt. Diese Sperrung wird oft nicht verstanden, denn auch die Menschen fühlen sich in der Ruhe und der unbeeinträchtigten Landschaft des Flachmoors am See sehr wohl.
Für Besucher einzig zugänglich bleibt der nördliche Aabachdamm und die vorgelagerten Kiesinseln. Der Gemeinderat setzt sich seit Jahren gegenüber den Fachbehörden und Interessenverbänden mit Nachdruck dafür ein, dass dieser Bereich weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Einige Einschränkungen, wie z.B. die derzeit diskutierte Leinenpflicht, sind letztendlich Konzessionen in der stetigen Diskussion um die Interessenabwägung in diesem sehr konfliktreichen Gebiet.
Unter Federführung des kantonalen Amts für Natur, Jagd und Fischerei wurde für das Naturschutzgebiet ein spezifisches Pflegekonzept erarbeitet. Verantwortlich für die Umsetzung ist die Politische Gemeinde Schmerikon, die im Jahr 2018 Pflege- und Unterhaltsmassnahmen erstmals als Pilotprojekt umsetzte.
Bestandteil dieses Pflegekonzeptes sind auch Eingriffe, die derzeit beobachtet werden können, bei denen gewisse Streuflächen zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt mitten in der beginnenden Brutsaison geschnitten werden. Um diesen Zielkonflikten gerecht zu werden, wird sorgfältig geprüft, wie man die Werte abwägen soll und mit welchen Massnahmen man langfristig ihren Erhalt sichern kann. Diese frühen Schnitte ausgewählter Flächen werden daher gezielt und bewusst ausgeführt:
Landschilf breitet sich zu stark aus, beeinträchtigt lichtempfindliche Arten und verdrängt sie. Mit einem frühen Schnitt wird die Schilfpflanze geschwächt und es werden dem Boden gleichzeitig Nährstoffe entzogen, wenn sie nachwächst. Wiesenbrüter wie Braun- und Schwarzkehlchen – welche im Gebiet nisten – sind jedoch auf Flächen angewiesen, welche frühestens Mitte Juli geschnitten werden.
Auch bei der Neophytenbekämpfung muss sorgfältig vorgegangen werden, um die Vögel nicht zu stören.
Die Aufgabe ist herausfordernd und notwendig, denn das Schutzgebiet in Schmerikon beheimatet viele mittlerweile sehr selten gewordene Tier- und Pflanzenarten, weil rund 90 Prozent der früheren Feuchtgebiete zur landwirtschaftlichen Nutzung trockengelegt und gedüngt wurden. Moore machen bloss noch 0,5 % der Landesfläche aus, beherbergen aber rund einen Viertel der bedrohten Pflanzenarten der Schweiz.
Ein langfristiges Monitoring ermöglicht, die Auswirkungen des neuen Schnittregimes zu beobachten und allfällige Anpassungen in der Pflege zu optimieren, um die gewünschten Verbesserungen zu erreichen.
(Titelbild: Thomas Müller)